Fremde Sprache, fremde Kultur: Es ist nicht leicht, sich in einem neuen Land zu orientieren. Gerade für Menschen, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, ist es schwierig, das Sozialsystem zu durchschauen. Im Ostmannturmviertel wollen die Stadtteilmütter diese Situation ändern. Sie unterstützen Migrantenfamilien bei Sprachproblemen, begleiten zu Ämtern oder Schulen und weisen auf die Angebote bezirklicher Einrichtungen hin. 10 Frauen wurden gezielt dafür ausgebildet und starten für zunächst ein Jahr in die Praxisphase des Projektes „Stadtteilmütter im Ostmannturmviertel“. Träger sind das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Für das 21 Monate dauernde Projekt stehen insgesamt rund 95.000 Euro zur Verfügung. Diese stammen aus Fördermitteln des Programms „Stadtumbau West“ sowie aus Eigenmitteln der Stadt Bielefeld.
Sechs Monate lang haben sich die Frauen aus verschiedenen Nationen – beispielsweise aus der Türkei, Kroatien, Pakistan bis nach Polen, Russland oder dem Irak – auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Sie wurden im Aufbau von Schlüsselqualifikationen und zu den Themen Erziehung, Gesundheit, Schule und Ausbildung geschult. Dabei haben sie sich intensiv mit dem deutschen Schulsystem, Fördermöglichkeiten und Hilfsangeboten bei Beratungsstellen, Ämtern oder Institutionen auseinandergesetzt.
Mit diesem breit gefächerten Wissen werden die Stadtteilmütter ab jetzt mehrere Familien pro Monat aufsuchen. Darüber hinaus wollen sie Kontakte zu Kitas und Schulen im Ostmannturmviertel knüpfen, um sich und das Projekt dort vorzustellen. Projektleiterin Petra Schlegel sieht in gelingender Kommunikation eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg: „Die Stadtteilmütter sprechen beide Sprachen, haben einen ähnlichen Hintergrund wie die besuchten Familien und können so Barrieren abbauen“. Gleichzeitig seien sie Vorbilder. „Sie ermutigen Familien mit Zuwanderungsgeschichte, selbstbewusst ihren Weg in Deutschland zu gehen und die nachhaltige Integration der eigenen Kinder aktiv mitzugestalten“, sagt sie.
Das Beispiel einer Mutter zeigt, dass dabei nicht selten die Integration der Eltern vorangetrieben wird: Aus der Kita erhielten die Stadtteilmütter die Information, dass eine schwangere Frau mit ihren Kleinkindern dringende Unterstützung benötige. „Die Stadtteilmutter hat die Kinder der Frau in die Kita begleitet und der Mutter Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie ihr Deutsch verbessern kann. Gemeinsam wurde ein Plan erstellt, wie ihre ausländischen Abschlüsse in Deutschland anerkannt werden können“, erzählt Projektleiterin Neslihan Akbulut-Belmahi. Zugleich qualifizieren sich die sogenannten Stadtteilmütter selbst weiter – beispielsweise für eine Tätigkeit im sozialen Bereich. „Das Projekt ist so für beide Seiten ein großer Gewinn“, sagt Akbulut-Belmahi.
Ob das Projekt auch im Jahr 2016 fortgesetzt werden kann, ist noch offen. Bis dahin werden noch tamil und marokkanisch sprechende Ehrenamtliche gesucht.
Weitere Informationen
Petra Schlegel und Neslihan Akbulut-Belmahi
Telefon 0521 – 93837922, Mobil 0178-9090373