70 Jahre Grundgesetz – Starke Frauen im Quartier – Starke Mädchen im Quartier

Im Jahr 2019 wird das Grundgesetz 70 Jahre alt – für die Stadt Bielefeld ein guter Anlass, ein Beteiligungsprojekt zu starten und gemeinsam mit der Einwohnerschaft darüber nachzudenken, was Demokratie im Alltag, im Stadtleben, im Miteinander bedeutet.

Das Bielefelder Online-Magazin ZWANZIGG berichtet über die Projekte, die sich stadtweit beteiligt haben.

Dabei ist auch unser Projekt aus dem Ostmannturmviertel, das starke Frauen und starke Mädchen in den Mittelpunkt stellt.

Heldinnen von einst und jetzt
Gute Vorbilder können ermutigen – ein Kalender zeigt „Starke Frauen im Quartier“

Von Stefanie Strunk

Auch darum geht es im Bielefelder Jahr der Demokratie: den Bürgerinnen und Bürgern Mut machen, die eigenen Dinge in die Hand zu nehmen. Wie das gehen kann, zeigen am besten gute Beispiele. Das sagte sich auch das Projektteam der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Bielefeld e.V. (AWO) von der Quartiersbetreuung im Ostmannturmviertel. Als Beitrag zur Projektreihe der Stadt entstanden ein Tischkalender, der Monat für Monat ermutigende beispielgebende Frauen vorstellt, eine passende Ausstellung dazu und ein Workshop für Mädchen im Quartier.

Das Besondere: Der immerwährende Kalender stellt eine Mischung sowohl historischer Persönlichkeiten sowie Frauen von heute vor. Politikerin, Leiterin eines Frauenhauses, AWO-Gründerin, ehrenamtliche Helferin aus dem Quartier – eines verbindet sie alle: Es sind starke, selbstbewusste Frauen, die für die AWO prägend sind – ob als Wegbereiterin in der Geschichte oder heute als Aktive.

Jedes Kalenderblatt erzählt eine Geschichte und lässt die jeweils Porträtierte selbst sprechen. „Ich wünsche mir mehr Wertschätzung und Anerkennung des Pflegeberufs“, wird zum Beispiel Céline Venjakob im Januar zitiert. Sie ist Auszubildende zur Altenpflegerin im ambulanten Dienst. Ein Statement ganz aus der Situation von heute. Es kommen Frauen zu Wort, die bei der AWO tätig sind oder Berührungspunkte zur AWO haben.

Blick in die Historie der Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Bielefeld. (Foto: J.H. Darchinger/Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung)

Aber auch die Worte früherer Aktivistinnen können nach wie vor ermutigen: „Je mehr Taten wir zusammenbringen, umso besser wird die Welt.“ Der programmatische Satz der AWO-Gründerin und ersten Vorsitzenden Marie Jurchacz steht auf dem Titel des Kalenders. 100 Jahre AWO, 100 Jahre Frauenwahlrecht, 100 Jahre Demokratie – es gibt viele gute Anlässe, gerade jetzt auf starke Frauen zu verweisen.

Wir haben Vera Stiber, die den aufwändigen Kalender im Team mit Stefan Zollondz und Imke Meyer konzipiert hat, zum Prozess der Entstehung gefragt. „Die Arbeit erforderte einige Geduld. Es war durchaus mühsam, an die Bilder zu kommen und die Rechte zu erwerben“, berichtet sie, „aber wichtiger und auch aufwändiger war es, die Geschichten hinter den Frauen zu verstehen. Dafür haben wir uns Filme angesehen und viele Broschüren, Text- und Internetquellen durchsucht.“ Nachdem die historischen Frauen ausgewählt und heutige AWO-Frauen gefunden waren, die Lust auf das Projekt hatten, ging es weiter an die Interviews und Fotosessions. „Es war auch für unser Team spannend, welche vielseitigen Arbeits- und Tätigkeitsfelder es gibt und wie sich die Frauen mit der AWO identifizieren und welche Haltung sie vertreten“, verrät uns Stibner.

Die Mühe hat sich gelohnt. Alle sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Der Kalender ist fertig! Und nicht nur das…

Der Mädchen-Workshop erzielt tolle Ergebnisse. (Foto: Luisenschule Bielefeld)

Die AWO-Crew wollte es beim Projekt „Starke Frauen“ nicht allein beim Kalender belassen. In Kooperation mit der Luisenschule, der Sportjugend Bielefeld, der Demokratiewerkstatt im Ostmannturmviertel, dem Mädchenhaus Bielefeld und dem Haus Neuland entschied sich das AWO-Quartiersbüro darüber hinaus, einen Workshop zum Thema „Mädchenrechte“ für Schülerinnen der Klassenstufen 7 und 8 anzubieten. 15 Mädchen nahmen an dem Workshop am 10. Oktober 2019 im Haus Neuland teil. Vier Mitarbeiterinnen des Mädchenhauses arbeiteten einen halben Tag in zwei Gruppen entlang den Fragen: „Wie muss ein Mädchen sein?“, „Was darf es und was darf es nicht?“ und „Welche Rechte hat ein Mädchen?“. Dabei ging es neben dem Verhalten in der Gesellschaft auch um die Themen „Selbstbestimmung“, „Verhütung“, „Zwangsheirat“ und „Wo erhalte ich Hilfe?“.

Im Rahmen einer einjährigen Mädchen-Arbeitsgemeinschaft an der Luisenschule werden die Mädchen bis zum Sommer 2020 weiter an den Themen des Workshops arbeiten. Geplant ist ein Besuch des Mädchenhauses nach den Herbstferien und anschließend die Weitergabe ihres Wissens als Multiplikatorinnen im Mädchentreff des offenen Jugendtreffs „Walde“ im Ostmannturmviertel.

Parallel dazu sollen die Mütter der Mädchen über die Stadtteilmütter im Ostmannturmviertel erreicht und für die Themen und Entwicklungen der Mädchen sensibilisiert werden.

So entstand aus der Idee eines Kalenders mit den historischen Taten und dem Wirken von starken, engagierten Frauen ein Empowerment-Projekt, dass die Erfahrungen dieser Frauen auf die Lebenswelt von Mädchen und Frauen in der heutigen Zeit überträgt.

Und wenn sich Vera Stibner etwas wünschen dürfte? Am schönsten wäre es, wenn einige Mädchen für das Quartier gewonnen werden könnten, um ihre Erfahrungen aus den Workshops an andere Mädchen weiterzutragen oder Hilfe leisten zu können.

Hier gibt es den Kalender:

AWO Quartiersbüro im Ostmannturmviertel
August-Bebel-Str. 16-18 – 33602 Bielefeld
oder
Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Bielefeld e.V.
Mercatorstr.10 – 33602 Bielefeld
www.awo-bielefeld.de

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